Interview mit Guy Mintus

Guten Tag Herr Mintus. Als gefragter Jazzpianist und Klaviervirtuose sind Sie auf der ganzen Welt unterwegs. Am 23. Februar geben Sie nun ein Konzert beim Kulturverein „KuKuC e.V.“ im beschaulichen Ottersberg. Wie kam es dazu?

 

G. Mintus: Wie vieles im Leben durch Glück. Ich kam am 24.11. durch meinen geschätzten Freund Reinhard Röhrs zur “Bühne Frei!” Veranstaltung des KukuC. Da hatte ich einem freien Abend während meiner Deutschland Tour. Ich habe sehr die Energie des Publikums und die positive Stimmung an diesem Ort genossen. Die Aufführungen waren wirklich toll und so unterschiedlich… Als ich auf die Bühne kam, habe ich spontan, ohne vorher zu wissen was ich tun werde, gespielt und die Stimmung aufgegriffen. Es hat so viel Spaß gemacht, eins kam zum anderen.

 

Soweit ich weiß, sind Sie in Israel geboren. Sind sie dort auch aufgewachsen und ist es richtig, dass Sie jetzt in New York leben?

 

Ja, das stimmt. Ich bin in Israel geboren und aufgewachsen. Als ich 21 war ging ich nach New York, besuchte eine Musik Schule und startete meine Karriere. Ich lebe irgendwie hauptsächlich die letzten 3 Jahre in NY, reise aber sehr viel. Zwischen den Tourneen bin ich entweder in NY oder in Israel.

 

Waren Sie schon öfter in Deutschland unterwegs und sind Sie Ende Februar auf Deutschlandtournee?

 

Ich war schon oft in Deutschland und bin glücklich, wundervolle Erfahrungen in diesem Land gemacht zu haben. Bevor ich im KuKuC auftrete gebe ich noch ein Konzert in Celle. Ich komme zum KuKuC-Konzert aus Israel und fliege anschließend nach Florida. Im April fliege ich mit meinem Trio von NY nach Berlin und München. Das ist dann Teil einer CD Release Tour unserer Band.

 

Sie sind mit 26 Jahren ein recht junger Musiker und Komponist. Wo und wann haben Sie mit dem Klavierspielen angefangen und wer waren Ihre Vorbilder und Lehrer?

 

Mittlerweile bin ich 27. Ich habe mit 9 Jahren auf einem kleinen Keyboard angefangen und bekam mit 13 ein Klavier. Ich traf Amit Golan, er gab mir enorm viel Inspiration. Er zeigte mir den Jazz und seine Wurzeln. Später machte er mich mit der klassischen Musik vertraut. Er war ein wirklicher Mentor, er ist nicht mehr unter uns, wird aber immer im Geiste unter uns sein.

 

Was waren für Sie die wichtigsten Stationen ihrer bisherigen Musiker-Laufbahn?

 

Das ist schwer zu sagen, aber es gab einige Highlights in den letzten Jahren. Angefangen mit meinen eigenen Piano Konzerten mit dem Israelischen Kammerorchester; Solo Auftritte im ausverkauften Beacon Theater in New York als Teil der Show von Streetlight manifesto, einer Ska Punk Band; Auftritt als Solist mit dem Jerusalem Ost und West Orchester; der Publikumspreis beim Montreux Jazz Festival im Solo Piano Wettbewerb; Rapsody in Blue gespielt mit der Bayrischen Philharmonie im Gedenken an Leonard Bernstein …

 

Sie werden meistens als Jazz-Pianist bezeichnet. Spielen Sie nicht auch Klassik, Meditatives, Volks- und Weltmusik? Was sind für Sie die wichtigsten Musikeinflüsse?

 

Ich spiele die Musik, die mich bewegt. Wenn ich hören kann, kann ich spielen. Ich schaue nicht so sehr nach den Genres/Stilen, weil für mich alles mit einander verbunden ist. Die Grenzen dazwischen existieren nicht wirklich. Es sind verschiedene Farben, die ineinander übergehen. Aber wenn ich ein paar Stile benennen sollte würde ich sagen, dass ich viel interagiere mit Bebop, Hard Bop, Flamenco, Indianische Musik, Türkische Musik, Arabische Musik, Jüdische Musik, Marokkanische Musik, Verschiedenes aus der Europäischen klassischen Musik aufgreife, stride piano (eine Art Ragtime) und und und …

 

Ist es vielleicht die experimentelle Freiheit des Jazz, die es Ihnen ermöglicht mit so vielen unterschiedlichen Stilrichtungen zu arbeiten?

 

Absolut. Der heutige Jazz hat immer zu tun mit Ausdruck und Experimentieren. Ich lade alle Kulturen ein zu einem Dialog und zur Interaktion.

 

Gerade jetzt sind Sie als Solist unterwegs, Sie haben aber auch ein eigenes Trio. Mit welchen Musikern, Orchestern und Bands spielen Sie noch oder haben Sie gespielt? Was waren für Sie die aufregendsten oder wichtigsten?

 

Meine Hauptprojekte sind wirklich Solo Piano und mein Trio, aber ich arbeite oft zusammen mit einer Vielzahl von Ensembles und Projekten und es ändert sich von Monat zu Monat. Es gibt ein Orchester mit dem ich eine Art Verbindung eingegangen bin. Es ist das Jerusalem Ost und West Orchester. Es ist eine Art Traum Ensemble, es kombiniert ein klassisches Streich Orchester mit Funk, Brass / Rhythum Section.

 

Bis jetzt sprachen wir über Sie als Pianist. Sie sind aber ebenfalls Komponist. Schreiben Sie Ihre eigenen Stücke alle selbst? Komponieren Sie auch für andere und machen sie Auftragsarbeiten? Und wenn ja, für wen haben Sie bereits gearbeitet?

 

Ich komponiere für mich und für andere. Ich habe im Auftrag für verschiedene Kammer Orchester komponiert, für Solo Musiker und Orchester wie das Jerusalem Symphony Orchester, American Composer Orchester und einige Israelische Kammer Orchester. Jeder Auftrag ist anders und nimmt mich mit auf eine Reise in seine oft eigene spannende Welt, was über Monate andauert.

 

Wie ich hörte, haben Sie sowohl als Pianist als auch als Komponist mehrere internationale Auszeichnungen und Preise erhalten. Welche sind Ihnen da die schönsten oder wichtigsten gewesen?

 

Ja, ich habe vor kurzem den Leonard Bernstein Award vom ASCAP (American Society of Composers, Authors and Publisher) und von der Bernstein Family Fundation bekommen. Diesen Preis zu bekommen und die Familie von Leonard Bernstein zu kennen was extrem bedeutungsvoll für mich. Leonard Bernstein ist einer der größten Künstler und ein großes Vorbild für mich. Er hat wirklich mein Leben verändert, weil seine Lektionen mich zur klassischen Musik geführt haben wie ich es vorher nicht erfahren habe.

 

Ein weiterer wichtiger Bereich ist Ihre Arbeit als Musikpädagoge. Sie haben verschiedene Lehraufträge wahrgenommen und geben weltweit Workshops. Was haben Sie bis jetzt in dieser Hinsicht gemacht und was ist Ihnen an dieser Arbeit so wichtig?

 

Ich liebe es zu unterrichten und meine Erfahrungen zu teilen und letzten Endes lerne ich selber dabei. Ich bin besonders angetan davon, Menschen ihre eigene Kreativität zugänglich zu machen, Hindernisse zu überwinden und mit Kindern zu arbeiten. Ich habe eine warme Offenheit für Kinder, sie sind so ehrlich, so verbunden mit ihrer Intuition. Kinder sind wirklich große Lehrer! Ich glaube wir alle haben eine kreative Seite, wir müssen jedoch oft daran arbeiten, die Angst zu verlieren um Zugriff auf die Kreativität zu bekommen.

 

Als Stichwort habe ich noch „Grenzüberschreitend“ aufgeschrieben. Sie arbeiten grenzüberschreitend mit verschiedenen Musik- und Stilrichtungen, grenzüberschreitend in verschiedenen Ländern und auf verschiedenen Kontinenten, aber auch in Flüchtlingslagern und mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Ethnien. Dies zeugt von einem starken sozialen Engagement und ist ebenso Friedensarbeit, wenn z.B. Juden und Palästinenser gemeinsam musizieren. Welche Bedeutung hat das für Sie und was können Sie uns über diese Arbeit berichten?

 

Ich genieße es, die Einheit zu erleben zwischen Menschen und der Magie der Musik. Einer meiner größten Lehrer sagte einmal, Musik ist nicht die Botschaft sondern der Bote.

 

Um noch einmal kurz auf Ihr Konzert in Ottersberg zurück zu kommen: Als „Special Guests“ sind die hier nicht unbekannte Geigerin Karin Christoph und der Kontrabassist Reinhard Röhrs angekündigt. Wie müssen wir uns das vorstellen, was haben wir da zu erwarten?

 

Hardy und Karin sind zwei dicke Freunde von mir und tolle Menschen mit großen Herzen und Geist, was ich wirklich liebe. Wir lernten uns durch eine uns gemeinsam bekannte Schülerin kennen. Sie haben mich während einer Tour ein paar Tage in ihr Haus aufgenommen. Die Verbindung/das Medium war die Musik und vom ersten Ton, den wir zusammen gespielt haben, war es ein einziger flow. Ein flow, der uns zeigte, dass Musik überall hingehen kann in jedem Moment. Die Art von Freiheit ist selten zu finden und wirklich jedes Mal, wenn wir zusammen spielen, erleben wir das neu. Das einzige worauf wir achten ist, so gut es geht, auf einander zu hören und uns zu verbinden, come together. Es ist ein großes Privileg, solche Verbindungen zu finden und ich kann es kaum erwarten, es mit dem Publikum von KuKuC zu teilen!

 

Herr Mintus, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch und freue mich auf das Konzert!